Osthang Project

Vor zehn Jahren, im Sommer 2014, erwachte das viele Jahre ungenutzte Grundstück auf dem Osthang der Darmstädter Mathildenhöhe aus seinem Dornröschenschlaf. Das OSTHANG PROJECT (7. Juli bis 15. August 2014), veranstaltet vom Darmstädter Architektursommer e. V. in Kooperation mit dem Internationalen Musikinstitut Darmstadt (IMD), aktivierte den Ort als temporären kulturellen Projektraum und holte ihn in das Bewusstsein der Stadt zurück.

Los ging es mit einer Summer School für experimentelles Bauen, zu der Kurator Jan Liesegang (raumlabor) internationale Architektur- und Designkollektive eingeladen hatte, um gemeinsam mit über 60 Teilnehmenden mehrere temporäre Bauten auf dem Osthang-Gelände zu errichten: atelier le balto (Berlin), collectif etc (Strasbourg), ConstructLab (Berlin/Paris), Atelier Bow-Wow (Tokio), Martin Kaltwasser (Berlin), Umschichten (Stuttgart), m7red (Buenos Aires) und orizzontale (Rom).

In atemberaubend kurzer Zeit entstanden eine Brücke (Umschichten & m7red), die gleichzeitig als Infozentrum diente, eine Veranstaltungshalle (Atelier Bow-Wow & ConstructLab), ein Workshophaus aus alten Autoteilen (Martin Kaltwasser), Schlafkabinen in den Bäumen (orizzontale) und natürlich eine zentrale Küche bzw. ein Café (collectif etc), wo während des Projekts wechselnde Teams für Teilnehmer:innen und Gäste kochten und wo schnell auch ein Treffpunkt für die Darmstädter:innen entstand.

Der fertige Festivalcampus wurde im Anschluss mit Diskussionsforen, Konzerten, Workshops, Vorträgen, Filmvorführungen, Denkwerkstätten und Aktionen von Residenz-Künstler:innen bespielt. Viele verschiedene Akteur:innen der Kultur- und Kreativszene Darmstadts und der Region waren mit Projekten vertreten und konnten den Osthang als Plattform nutzen, auch die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik 2014. Herzstück des Programms war das von Berno Odo Polzer kuratierte Format „Thinking Together“, ein öffentliches Forum mit informellen Seminaren, Vorträgen, Diskussionen, Filmvorführungen, künstlerischen Projekten und gemeinsamem Kochen und Essen. Wie auch in der Summer School für experimentellen Bauen ging es bei Thinking Together darum, Menschen aus verschiedenen Bereichen von Kultur und Wissenschaft zusammenzubringen, um über zukünftige Formen des Zusammenlebens nachzudenken.

Von Anfang an war das Projekt als temporäre Zwischennutzung geplant – dass es zehn Jahre bestehen bleiben würde, hatten wir niemals zu hoffen gewagt. Zu verdanken ist das vor allem dem unermüdlichen Engagement des OHA e. V., der einen Teil der temporären Bauten, vor allem die Main Hall, mit einem feinen Veranstaltungsprogramm und Gastronomie lebendig gehalten und lange Zeit zu einem der schönsten Orte Darmstadts gemacht hat. Dass sich im Zuge der Renovierung der Ausstellungshallen auch der Osthang verändern würde, war von Beginn an klar. Jetzt ist es so weit, das Jahrzehnt eines ebenso ambitionierten wie spannenden Projekts Revue passieren zu lassen, aber auch den Blick nach vorne zu richten. Ohne Übertreibung lässt sich sicherlich sagen: Das OSTHANG PROJECT hat vieles angestoßen und einen neuen Diskurs über den Ort initiiert, vor allem aber die Sinne geschärft für ein sehr spezielles Areal, das aus dem Schatten der Mathildenhöhe herausgetreten ist.