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READER: MUSIC COOPERATIVE

12.08.2023

Spółdzielnia Muzyczna

Artur Zagajewski: […]! (2023) – 10’
Uraufführung / Auftrag der Darmstädter Ferienkurse und Spółdzielnia Muzyczna

Nina Fukuoka: Polka is a Czech dance (2023) – 14’
Uraufführung / Auftrag der Darmstädter Ferienkurse und Spółdzielnia Muzyczna

Monika Szpyrka: Wallflower (2023) – 10’
Uraufführung / Komponiert im Rahmen des „Kreativstipendiums der Stadt Krakau“

Rafał Ryterski: Birdsongs (2023) – 30’
Uraufführung / World Premiere

Im Stück von Rafał Ryterski wird Stroboskop-Licht verwendet.

Mit freundlicher Unterstützung der Ernst von Siemens Musikstiftung und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit

Spółdzielnia Muzyczna am Wasser

Spółdzielnia Muzyczna Contemporary Ensemble:

Małgorzata Mikulska (Flöten)
Tomasz Sowa (Klarinetten)
Krzysztof Guńka (Saxophone)
Paulina Woś (Violine, Viola)
Barbara Mglej (Violine, Viola)
Jakub Gucik (Violoncello)
Aleksandra Płaczek (Klavier, Keyboards)
Aleksander Wnuk (Percussion)

Artur Zagajewski: […]!

spójrzcie spójrzcie
stoję ja stoję
tańczę ja tańczę
walczę ja walczę

look look
standing I’m standing
dancing I’m dancing
fighting I’m fighting

SIEKIERA, ja stoję ja tańczę ja walczę / I’m standing I’m dancing I’m fighting [1985]

Monika Szpyrka: Wallflower

for ensemble and electronics

According to definitions a wallflower is a pleasant smelling garden plant that grow in groups, but also a shy person, especially a girl or woman, who is frightened to involve herself in social activities and does not attract much interest or attention.

The piece was written for Spółdzielnia Muzyczna Contemporary Ensemble.

The piece was composed within the framework of The Creative Scholarship of the City of Krakow.

Nina Fukuoka: Polka is a Czech dance

In my world, existing structures enable and facilitate specific patterns and processes over others. Those result in actions that are meant to be constantly assessed and evaluated by other people and technology.

As I navigate my way through this sinister age of surveillance, accompanied by irony and misunderstanding on the side, I cannot help but wonder about alternative worlds: Are AIs in other dimensions working minimum wage jobs and humans being the ones tasked with making art and poetry? Are they less lonely?

“It seemed to K. as if all contact with him had been cut, and he was more of a free agent than ever. He could wait here, in a place usually forbidden to him, as long as he liked, and he also felt as if he had won that freedom with more effort than most people could manage to make, and no one could touch him or drive him away, why, they hardly had a right even to address him. But at the same time—and this feeling was at least as strong—he felt as if there were nothing more meaningless and more desperate than this freedom, this waiting, this invulnerability.”

― Franz Kafka, The Castle

Rafał Ryterski: Birdsongs

Birdsongs – imaginary documentary movie about migration of birds, with live music performed by Spółdzielnia Muzyczna

Sway, go on, move. That’s the only way to get away from him. He who rules the world has no power over movement and knows that our body in motion is holy, and only then can you escape him, once you’ve taken off. He reigns over all that is still and frozen, everything that’s passive and inert.
So go, sway, walk, run, take flight, because the second you forget and stand still his massive hands will seize you and turn you into just a puppet, you’ll be enveloped in his breath, stinking of smoke and fumes and the big rubbish dumps outside town. […] Flee, get out of your homes, go, run away, for only thus will you avoid the traps of the Antichrist. Any open battle with him will be lost outright. Leave whatever you possess, give up your land and get on the road. […] Get out of here, go far away, beyond the reach of his breath, beyond his cables and wires and antennas and waves, resist the  measurements of his sensitive instruments. […] Move. Get going. Blessed is he who leaves.

Excerpt from the book Flights by Tokarczuk Olga

Eurobirdportal

Interview mit Spółdzielnia Muzyczna

Gerardo Scheige: Wie würdet ihr die Arbeit innerhalb des Ensembles im Allgemeinen und in Bezug auf zeitgenössische Musik im Besonderen beschreiben?

Małgorzata Mikulska (Flöte Spółdzielnia Muzyczna): Derzeit besteht Spółdzielnia Muzyczna aus acht Mitgliedern. Die Arbeit ist in zwei Bereiche unterteilt, einen organisatorischen und einen künstlerischen Bereich. Wie jedes Ensemble haben auch wir ein Leitungsteam, das sich aus verschiedenen Musiker:innen zusammensetzt. Jakub Gucik ist unser Vorsitzender, der seine Rolle und seine Aufgaben später erläutern wird. Unser zweiter Vorsitzender ist Tomasz Sowa, der dafür verantwortlich ist, unser Budget in Ordnung zu halten. Außerdem kümmert sich Emilia Stefaska um die Kontakte zu Komponist:innen, Festivals und die Anträge auf finanzielle Unterstützung. Auch bei den Generalproben und Konzerten ist sie eine große Hilfe. Paulina Woś, unsere Geigerin, ist für die Terminplanung zuständig. Sie ist die perfekte Person dafür, weil sie es immer wieder schafft, das Beste aus unseren Verfügbarkeiten herauszuholen. Schließlich ist da noch unser Schlagzeuger Aleksander Wnuk, der sich seit kurzem um all die seltsamen, gesammelten Klangobjekte kümmert, die bei uns zum Einsatz kommen. An diesem Punkt trifft die Organisation auf die musikalische Praxis. Innerhalb unserer Arbeit versuchen wir, einen demokratischen Weg für eine gemeinsame künstlerische Vision zu finden, die eine Vielzahl von Ideen und Ergebnissen einschließt. Viele haben gesagt, dass Spółdzielnia keine starke Identität hat, weil wir sehr unterschiedliche Projekte machen. Aber alles, was wir tun, ist interessant für uns – und wir haben das Gefühl, dass wir damit unsere Fähigkeiten, unser Spiel und den Geist des Ensembles weiterentwickeln. Ich denke, das ist es, was Mivos und Spółdzielnia gemeinsam haben.

Jakub Gucik (Cello Spółdzielnia Muzyczna): Ich kann alles Gesagte nur unterstützen. Wenn die organisatorischen Dinge erledigt sind, sind wir Musiker:innen, die gerne zusammen spielen und gemeinsam Ideen entwickeln. Natürlich ist es manchmal schwer, gemeinsame Ideen und gemeinsame Lösungen zu finden, aber am Ende fiden wir immer wieder zusammen. Und das ist unsere Art, über das Ensemble zu denken und in ihm zu arbeiten.

GS: Eine Frage dazu: Die Arbeitsweise spiegelt den Namen des Ensembles wider, der sich im Deutschen mit Kooperative übersetzen ließe. Als Spółdzielnia im Jahr 2014 gegründet wurde, war die Grundidee also, einen Namen zu wählen, der die Arbeitsweise beschreibt?

MM: Genau. Was ich noch hinzufügen kann, ist, dass der Name eine Beziehung zu unserer Generation herstellt. Der Begriff war in unserer Jugend, als wir noch Kinder und Studierende waren, sehr beliebt, als “spółdzielnia” mit einer Wohnungsbaugenossenschaft verbunden war. Der Name unseres Ensembles bezieht sich auf diese Zeit, einschließlich des demokratischen Gedankens.

Olivia di Prato (1. Violine Mivos Quartet): Ich habe eine Frage: Wie und wo habt ihr euch eigentlich kennengelernt?

MM: Wir kommen aus Krakau. Die meisten von uns haben zusammen studiert. Einige von uns kennen sich aus der Schule, wie Jakub und Barbara Mglej, unsere Geigerin.
JG: Ja, wir kennen uns jetzt schon seit zwanzig Jahren, seit der Grundschule.

GS: Was ist mit eurem Darmstadt-Programm? Möchtet ihr uns ein wenig darüber erzählen?

JG: Ja, sicher, gerne, wir spielen zwei Konzerte und bereiten ein weiteres für den Open Space vor. Im ersten Kon- zert am 7. August werden wir ein langes Stück spielen: For George Lewis von Tyshawn Sorey. Für uns wird das sehr interessant, weil wir unser Ensemble stark erweitern werden. Für das Stück werden wir insgesamt sechzehn Mitwirkende haben, einschließlich zusätzlicher Instrumente, z.B. Horn und Posaune. Für mich persönlich ist es eine besondere Situation, denn ich kannte George Lewis als Posaunisten, bevor ich anfing, komponierte zeitgenössische Musik zu spielen. Ich wusste, dass er eine Menge Free Jazz spielte, wirklich verrückte Sachen. Und dann wurde mir klar, dass er ein klassisch ausgebildeter Komponist und Lehrer ist. Einer seiner Schüler war Tyshawn Sorey. Daher ist es für mich sehr bewegend, dass wir Soreys Stück spielen werden, das eine Hommage an George Lewis ist.
Das zweite Konzert am 12. August besteht aus vier Uraufführungen zeitgenössischer polnischer Komponist:innen, vier unterschiedlicher Persönlichkeiten. Das Werk von Artur Zagajewski wird eine Art Punk-Inspiration der polnischen Grunge-Musik sein. Rafał Ryterski ist Komponist und DJ; er macht viele lange Stücke im Zusammenhang mit Dance- und (populärer) elektronischer Musik, eine Art Techno. Er schreibt gerade ein Stück über die Bedeutung der Poesie der Vögel, etwas wirklich Metaphorisches und Esoterisches. Was noch? Ja, Nina Fukuoka, eine sehr interessante Komponistin, die in New York lebt. Es wird ein multimediales Stück sein, das sich unter anderem mit den Veränderungen in der polnischen Gesellschaft in den letzten 30Jahren beschäftigt. Schließlich werden wir eine Komposition unserer Freundin Monika Szpyrka spielen, die ebenfalls in Krakau lebt. Ihre Musik berührt uns sehr und spricht unsere Gefühle ganz direkt an. In unserer Open-Space-Präsentation werden wir ein Stück von Fabio Machiavelli spielen und ein Stück von Paweł Malinowski, einem jungen Komponisten aus Krakau. Auf diese Weise möchten wir der Ferienkurs-Community einen Einblick in unsere Zusammenarbeit mit Komponist:innen geben.

Ausschnitte aus einem Gespräch zwischen Spółdzielnia Muzyczna, dem Mivos Quartet und Gerardo Scheige.

Ganzes Gespräch (ab S. 62) (PDF, 5,1 MB)

© ️Mateusz Wojnar
© ️Klaudyna Schubert